TietzelsTipp: Bell und Harry von Jane Gardam

Das ist so ein richtiges Sommerbuch, eines, das man mit an den Strand nimmt und das einem gute Laune macht. Um Sommerurlaub geht es hier auch, zumindest am Anfang. Die Familie Bateman aus London mietet sich für die Ferien ein Haus auf dem Land in Yorkshire, denn vor allem der Vater, ein Journalist und Schreiber, braucht Ruhe und Entspannung. Man sollte meinen, dass er die bekommt, in einer Gegend, die ziemlich gottverlassen scheint, und in der es nur Weiden, Schafe und Moore gibt. Wenn das dann aber zunächst gar nicht so gut geht, liegt das an den unterschiedlichen Erwartungen (von Seiten der Feriengäste) und Pflichten und Aufgaben (auf Seiten der dort lebenden Bauern). So wird die Heuernte, die an einem Tag und eine ganze Nacht hindurch erledigt werden muss, und die reichlich Lärm und Unruhe über die Gegend bringt, zu einem entscheidenden Streitpunkt, an dem die ganze Geschichte schon enden könnte, bevor sie überhaupt angefangen hat.

Aber Bell, der Bauernsohn, und das etwas jüngere Stadtkind Harry finden einen bemerkenswerten Ausweg, der es allen möglich macht, das Gesicht zu wahren. Die Ruhe wird wieder hergestellt, und es beginnt eine wunderbare, Jahre anhaltende, unverwüstliche Freundschaft. Nicht nur zwischen den Jungen, sondern auch zwischen den so unterschiedlichen Erwachsenen.

Und so wie diese erste Krise gemeistert wurde, werden sich auch alle anderen Konflikte oder kleinere Katastrophen zum Guten wenden. Eine solch heile Welt, wie die Autorin sie beschreibt, gibt es wahrscheinlich nirgends, nicht einmal in einem so verwunschenen und abgelegenen Teil der Welt wie dem hier beschriebenen.

Aber nach all den Problemen und Miseren, mit denen man üblicherweise in ernsteren Romanen konfrontiert wird, darf es doch einmal erlaubt sein, sich an den sanften, heiteren, liebenswürdigen Menschen und Geschichten zu erfreuen, die in diesem Buch auftauchen. Bell und Harry, ihre Eltern und die Dorfbewohner sind sehr britisch, so will einem scheinen, liebenswert, skurril, aber dennoch mit beiden Beinen auf dem Boden stehend Jane Gardam hat einen wunderbar lakonischen Stil. Sie braucht nicht ausführlich zu erklären, was als nächstes passieren wird oder was in den einzelnen Figuren vorgeht, der Leser versteht es sofort.

Wie gesagt, sehr heile Welt. Man muss das mögen. In den Ferien scheint mir das erlaubt, diese Flucht in eine Welt ohne Probleme, beziehungsweise in eine, in der sich die Probleme wie von selber lösen.

Brigitte Tietzel

Ein Gedanke zu „TietzelsTipp: Bell und Harry von Jane Gardam

  1. Ich habe es auch im November gelesen und ich fand es sehr entspannend. Einfach mal in eine andere, vertraut (weil in vielen Büchern schon so das Leben in Englands ländlichen Gegenden beschrieben wurde) klingende Welt abtauchen und den ganzen Stress und Unbill vergessen können!
    Hat mir sehr gut gefallen zum Chillen und Träumen. und ja, so eine Freundschaft wünscht man sich heute für die Kinder wieder.

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