Von der Leihbücherei zum Wohlfühlort der Krefelderinnen und Krefelder, vom Lektorat zum Eventmanagement – 35 Jahre bibliothekarische Arbeit in der Stadtbücherei /Mediothek Krefeld
In der Festschrift zum 50jährigen Jubiläum der Stadtbücherei Krefeld heißt es:
„Die Bücherei ist der stille Freund…., den man am liebsten aufsucht, wenn der Lärm und die Hast des Tages sich gelegt haben und die Stunde ruhiger Arbeit, stiller Einkehr oder geistigen Genusses gekommen ist. Diese ihre Aufgaben vollziehen sich in schweigsamem Dienen. Die geräuschlose Schnelligkeit dieses Dienens zum Nutzen aller Mitbürger aber ist der Ehrgeiz der Bibliothekare.“ (Friedrich Schlüter)
Heute ist dies ein Satz zum Schmunzeln… nun stammt er auch schon aus dem Jahr 1950, mein Dienstantritt in der Stadtbücherei Krefeld erfolgte 1981 – also dreißig Jahre später.
Dennoch hatten die bibliothekarischen Aufgaben in meiner Anfangszeit ein völlig anderes Gesicht als heute.
Zunächst begann meine bibliothekarische Laufbahn in der Autobücherei – in den 80er Jahren fuhren in Krefeld zwei Bücherbusse über 20 Haltestellen in allen Bezirken der Stadt an. Außerdem gab es feste Zweigstellen in Fischeln und Uerdingen.
Mit Gründung unserer Familie und der Geburt des ersten Kindes wollte/konnte ich nicht mehr Vollzeit arbeiten -mein Arbeitsbereich verlagerte sich in die Hauptstelle. Bestandsaufbau und die Arbeit am Informationsschreibtisch wurden meine Aufgabenschwerpunkte. Also a) die möglichst optimale Auswahl an Literatur für die Krefelder Kunden, die mit den zur Verfügung stehenden Mitteln finanzierbar war, sowie das Katalogisieren und Systematisieren dieser Bücher und b) die Beratung der Kunden, um ihnen beim Finden „ihrer“ Wunsch-Literatur zu helfen.
Morgens vor der Bücherei-Öffnung schwärmten die meisten Bibliothekarinnen zu den Zettelkatalogen um dort die vielen kleinen Katalogzettel der neuen Bücher in Autoren-, Titel-, und Schlagwortkatalog einzusortieren, bzw. die der gelöschten Bücher zu „ziehen“ – eine lästige –aber wichtige und hohe Konzentration erfordernde- Arbeit, die der Computer uns in den neunziger Jahren zum Glück abgenommen hat.
Diese meine Aufgaben empfand ich als ein sehr interessantes aber eher ruhiges Geschäft, zumal ich als Musikbibliothekarin auch das kleine beschauliche „Spezialrefugium“ der Musikbücherei im ersten Stock als Unterstützung für die Kollegin Hauser mit betreuen durfte. Hauptsächlich wurden dort Noten aber auch Schallplatten (!!)ausgeliehen.
Nach und nach wandelte und verdichtete sich der Aufgabenbereich, besonders deutlich nachdem ich 1995 (nach der Elternzeit für unser 3. Kind als Teilzeitkraft!) die Leitung der Kinder- und Jugendbücherei übernommen habe.
Eine pädagogisch ausgebildete Mitarbeiterin (Frau Hollstein) wurde eingestellt, regelmäßige Kinder-Vorlese- und Bastelprogramme angeboten und die Anzahl der Klassen- und Kindergarten-Einführungen enorm gesteigert. Ich konnte deutlich spüren , dass es für mich eine ganz andere Herausforderung ist, eine Gruppe von bis zu 30 Kindern in einer Einführungsveranstaltung für die Mediothek und ihre Angebote zu begeistern, als ein freundliches Kundengespräch zu führen oder am Schreibtisch die neuesten Rezensionen zu lesen und die Bücher einzuarbeiten(was mein Verständnis für Lehrerschaft und Erzieher/innen enorm steigerte).
Bibliotheksarbeit und insbesondere Leseförderung konnte kein „schweigsames Dienen“ mehr sein, sondern musste mit vielen Veranstaltungen und Aktionen laut und deutlich in die Öffentlichkeit getragen werden:
Seit 2005 habe ich jährlich den Lesewettbewerb für Schulklassen „Wer liest, gewinnt!“ mit viel Herzblut aller Beteiligten organisiert – gesponsert wurde er von der Telefonbuch-Gesellschaft. Im Jahr 2016 wurde dieses Format vom Sponsor leider aufgegeben.
2007 holte ich dann den SommerLeseClub an unser Haus, ein landesweites Ferienprogramm zur Leseförderung von Schülern, das seitdem jährlich durchgeführt wird.
Mit meiner Kollegin Helga Krall und der Krimiautorin Ina Coelen wurde parallel zur Krefelder „Criminale“ 2011 ein Krimi-Schreib-Wettbewerb in der Mediothek organisiert…
Zwischendurch musste der Umzug in das Übergangsdomizil neben dem Bleichpfadhochhaus geplant und gestemmt werden und parallel die Pläne für unseren Neubau am Theaterplatz, den wir 2008 beziehen konnten, für „meine Abteilung“ begleitet werden.
Gleichzeitig begann die große Zeit der Projekte. Projekte wurden gesucht und gefunden um entweder an zusätzliche Geldmittel zu kommen oder die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen zu fördern oder beides.
Dazu gehört das Projekt „Junge, Junge!“ (Leseförderung speziell für Jungen), das wir in Kooperation mit der Stadtbibliothek Neuss durgeführt haben und das uns 40.000 € Fördergeld vom Land NRW bescherte. Eingesetzt wurde diese stolze Summe für den Ankauf neuer Medien und Möbel, aber auch für viele Veranstaltungen wie:
ein Eröffnungsfest, Bookslam, Bildhauerwerkstatt, Theaterworkshop u.a. – natürlich alle in unseren Räumen und speziell für Jungen!
Das nächste Riesenprojekt folgte direkt 2012: unsere Lesetreppe, ein 5-Jahres-Leseförderungsprojekt von der Geburt bis zum Schulabschluss.
Mit diesem Projektentwurf konnten wir die Förderung der SparkassenKulturStiftung erringen in der spektakulären Höhe von 250.000 € insgesamt, die für einen intensiven Medien-Bestandsausbau für die jeweilige Altersgruppe genutzt wurde, aber – in Erprobung neuer Veranstaltungsformate – auch für viele Aktionen, ein jährliches Fest und intensive Werbemaßnahmen. Ganz besonders freut mich eine Langzeitfolge dieses Projektes: nach der bedauerlichen Streichung der (halben) pädagogischen Stelle wurde eine solche wieder neu eingerichtet.
Im 1.Projektjahr 2012 hieß es: Lesen von Anfang an: die Babys bis Dreijährigen standen im Mittelpunkt bei vielen Aktionen und Kursen(Musikbabys, Zeichensprache für Babys). Alle Familien mit Neugeborenen konnten sich eine Begrüßungs-Lesetasche in der Mediothek abholen.
2013 war das Kita-Kinder-Jahr
Neben zahlreichen Veranstaltungen in der Mediothek gab es für dreijährige Kita-Kinder in ihrem Kindergarten einen Gutschein für ein tolles Buch und einen kostenfreien Leseausweis der Mediothek.
2014 standen die Grundschulkinder im Zentrum des Projektes, (es gab z.B. Lesenächte für Schulklassen in der Mediothek)
2015 die 11-14-Jährigen
und 2016 dann die Jugendlichen ab 15 Jahren bis zum Schulabschluss.
Viele Aktionen und Veranstaltungen, die wir durch die Lesetreppe installieren konnten, versuchen wir weiterhin durchzuführen, wie zum Beispiel das von Frau Wiefel neu eingeführte Kinderprogramm für Kinder ab 3 : „Bücherfüchse“ ,die beliebten Lesungen mit Schauspielern des Theaters, Kinderkonzerte, die Recherche-Einführung für Facharbeiten usf.
Leseförderung– natürlich in Verbindung mit einem fundierten Bestandsaufbau und attraktiven Veranstaltungen, die bei den Kindern und Jugendlichen Interesse für unser Haus und unsere Angebote wecken- ist ebenso wie die aktive Zusammenarbeit mit den anderen Kultur- und Bildungseinrichtungen der Stadt (Kitas, Schulen, Theater u.a.) DIE Aufgabe der Kinderbücherei der Mediothek- für die Zukunft der Kinder, für die Krefelder Bürgerschaft, für unsere Stadt und unsere Gesellschaft.
Nicht „schweigsames Dienen“ ist heute gefragt, sondern lautes Rufen: Krefelder, kommt zu eurem wunderbaren „3.Ort“ – dem Wohn-, Spiel- und Arbeitszimmer, dem Lesungs- und Konzertsaal: besucht eure Mediothek!
Petra Düro-Förster