Der große Erfolg dieses Buches erschließt sich mir nicht. Es geht um das Bienensterben, und da das ein ganz akutes Problem unserer Zeit ist, versteht man die Aufmerksamkeit und das Interesse an diesem Buch. Aber was erfährt man dann tatsächlich über die Bienen und die Probleme? Lösungen bietet der Roman schon gar nicht an, aber das sollte man auch nicht erwarten. Es geht aber auch gar nicht um die „Geschichte der Bienen“. Über Bienen würde man viel mehr aus Meredith May, Der Honigbus erfahren. Hier hingegen werden drei zunächst unabhängige Geschichten erzählt, die in drei sehr unterschiedlichen Zeiten und Weltgegenden spielen: 1852 in England, 2007 in Amerika und 2098 in China. Jeweils ein Ich-Erzähler berichtet. William, der sich völlig niedergeschlagen durch ein paar klare Worte seines wissenschaftlichen Mentors so entmutigt fühlt, dass er sich monatelang nicht aus dem Bett bewegt. Statt an seinen wissenschaftlichen Forschungen zu arbeiten, hatte William geheiratet und inzwischen acht Kinder in die Welt gesetzt. Ein unerträglich larmoyanter und im übrigen in seinem Verhalten wenig glaubhafter Mensch, der schließlich doch noch einen Weg aus seiner Misere zu finden scheint und einen neuartigen Bienenstock entwickelt, der die Entnahme des Honigs ermöglichst, ohne die Bienen zutöten.
George, über hundert Jahre später in Amerika, ist mit ganzem Herzen Imker und möchte, dass sein Sohn die Farm übernimmt und sein Lebenswerk weiterführt. Aber dieser Sohn ist auf die Universität gegangen und möchte schreiben, vielleicht Schriftsteller werden. Auch George ist im Charakter dem William aus früheren Zeiten nicht unähnlich: stur, wenig einfühlsam, aber irgendwie kann man seine Sorgen und seine Fixierung auf die Imkerei nachvollziehen. Hier, also im Jahr 2007, und damit in der Zeit des Lesers, werden die Probleme mit den Bienen gravierend.
Tao hingegen, die einzige Frau unter den Protagonisten, wieder fast 100 Jahre später, muss in einem absurd chaotischen China Blüten bestäuben. Man kennt das aus dem Fernsehen und auch den chinesischen Überwachungsstaat kennt man zur genüge. Dennoch ist das, was einem da geboten wird, gänzlich unplausibel und irgendwie auch völlig unlogisch. Da man die Bäume bestäubt und viele, viele Früchte erntet, wieso gibt es sonst nichts zu essen? Taos Sohn erleidet bei einem Ausflug einen mysteriösen Unfall und wird von der Obrigkeit weggeschafft. Tao begibt sich auf die Suche nach ihm in der fernen Metropole Peking. Dort herrschen apokalyptische Zustände. Aber, wie gesagt, nicht wirklich nachvollziehbar. Der Zusammenhang zwischen den drei Geschichten ist sehr dürftig. Schließlich sind die Bienen zurück, woher auch immer. Alles sehr unbefriedigend. Da die drei Ebenen sich in kurzen Kapiteln abwechseln, liest man weiter. Im Zusammenhang gelesen wären die einzelnen Episoden eher langweilig. Das scheint die meisten Leser nicht abzuschrecken.
Brigitte Tietzel