Roberto Zapperi, Die Päpste und ihre Maler
Der Titel führt in die Irre. Es geht keineswegs um das Verhältnis verschiedener Päpste zu ihren Malern. Es geht vielmehr um die ausführliche Darstellung der Machenschaften an den Papsthöfen des 15. und 16. Jahrhunderts. Es geht um Gier und Geld, um Skrupellosigkeit und Machtpolitik. Es geht um das schamlose Ausnutzen der Machtverhältnisse zum Vorteil der eigenen Familie und nicht selten um Mord. Dass dazu alle Mittel recht waren und eben auch bestimmte Gemälde die gewünschten politischen Konstellationen unterstützen sollten, verwundert nicht. Doch spielen die Maler oder gar ihr malerisches Können eine eher geringe Rolle.
Gleichwohl ist Zapperis Analyse und Deutung verschiedener bekannter Papstporträts aufschlussreich, allen voran die des wundervollen Freskos von Merlozzo da Forlì aus der Pinacoteca Vaticana von 1477.
Über die Hälfte des Buches widmet sich dann der Zeit des Farnese Papstes Paul III. (1534 – 1549), dem sich Tizian zunächst als Maler andiente, um dann doch eher widerwillig für ihn zu arbeiten. Während man dem Papst nachsagte, dass ihn nichts weniger interessierte als Gott und er für die Interessen seiner Familie nachgerade zu jeder Schandtat bereit war, so scheint der Maler ihm in seiner Gier nach Geld nicht unähnlich gewesen zu sein. Der Geiz Tizians war sprichwörtlich, wobei man ihm vielleicht zugute halten kann, dass er vor allem die Versorgung seiner Söhne im Auge hatte.
Das hatte Paul III. auch. Man kennt die Geschichte des berüchtigten Papstes Alexanders VI. Borgia, den man wegen seiner Kinder Cesare und Lucrezia gern skandalisiert. Aber nur der Naive glaubt hier an eine Ausnahme. Paul III. hatte vier Kinder. Diese und seine Enkel setzte er gnadenlos ein für das Ziel, seinen Reichtum an Geld und Ländereien zu mehren. So machte er zwei Enkel, beide im Alter von 14 Jahren, zu Kardinälen und verheiratete andere zu dynastischen Zwecken, einen an eine natürliche Tochter Kaiser Karls V., den anderen an die natürliche Tochter von dessen Erzfeind, dem französischen König. Dieses Muster zieht sich durch die gesamte Renaissance.
Wenn Lorenzo de’ Medici seinem Sohn, Papst Leo X., schreibt, er solle Gott dankbar sein für diese Gnade, und diese Dankbarkeit durch ein „heiliges, beispielhaftes und ehrsames Leben“ beweisen, dann verschweigt er geflissentlich, dass weniger Gott, als er selber, Lorenzo, mit außerordentlich viel Geld dem Sohn die Kardinalswürde erkauft hatte, als Voraussetzung für die schließliche Papstwürde. Wen wundert es, dass Luther einen so guten Nährboden für seine Rebellion gegen Rom fand und 1545 ein Pamphlet „Wider das Papsttum in Rom, vom Teufel gestiftet“ schrieb.
Es wird dem Laien wahrscheinlich schwer fallen, den ganzen chaotischen Wirrwarr der Intrigen zu durchschauen, von denen das Buch nur so strotzt. Wer sich aber ein bisschen auskennt im Italien der Renaissance, wird noch einmal erschreckt daran erinnert, wie gering man damals ein Menschenleben achtete, wie wenig bei allem Gott zählte, der doch immerfort in aller Munde war und dass das Leben die aufregendsten, unerhörtesten, unglaublichsten Geschichten selber schreibt.