TietzelsTipp: Männer mit Erfahrung von Castle Freeman

Castle Freeman, Männer mit Erfahrung

Ich warne Sie: dies ist keine ernst zunehmende Literatur, hier geht es nicht um erbauliche Gedanken oder um Probleme, mit denen man sich immer schon mal auseinander setzen wollte.

Das hier ist einen einfache Geschichte, mit einfachen Menschen, und am Ende des Tages ist sie auch schon vorbei. Sie geht gut aus, das heißt: schlecht. Und das ist gut. Die Sprache besteht aus kurzen, klaren Sätzen, und wenn es sich um wörtliche Rede handelt – das tut es fast ausschließlich – werden einem die Wörter wie Pingpong-Bälle um die Ohren gehauen. So hetzt man durch dieses kurze Buch, und wenn man nicht schon am Anfang genervt entscheidet, dass das nicht die Art Roman ist, auf die man sich einlassen möchte, dann liest man die Story in einem Rutsch durch. Denn sie ist spannend, von absurder Komik und irgendwie nicht ganz von dieser Welt.

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Eine junge Frau, Lillian, wird in einem Kaff in Vermont, USA, von einem Mann bedroht, einem Bösewicht, der sie fertig machen will. Und sie will sich das, gegen alle Vernunft, nicht gefallen lassen. Der Sheriff des Ortes, Hüter von Recht und Ordnung, den sie um Hilfe bittet, erklärt ihr, dass er ihr nicht helfen kann, weil ja noch nichts geschehen ist. Er verweist sie auf einen Typen, der diesen Blackway, den Bösen, kennt und ihr – vielleicht – helfen wird. Zunächst schickt er sie zu Whizzer, dem Besitzer einer nicht mehr existierenden Stuhlfabrik. Whizzer sitzt im Rollstuhl. Er ist uralt, wie seine Freunde, die mit ihm ihre Tage redend und Bier trinkend „rumbringen“. Es ist nicht sofort offensichtlich, aber das sind Männer mit Erfahrung. Auch Lillian kapiert das zunächst überhaupt nicht. Was dann geschieht, wie diese junge, eigensinnige, sture Person mit den langen Haaren widerwillig und verzweifelt mit einem starken Dummkopf und einem sehr alten Mann loszieht, um den Bösen fortan davon abzuhalten, ihr weiterhin nachzustellen, das ist so aberwitzig wie logisch.

Das Unternehmen scheint völlig aussichtslos, weil die Gegner so ungleich sind und eigentlich von allem Anfang an klar ist, dass das Gute sich niemals gegen das Böse durchsetzen kann. Denn Blackway tyrannisiert die Gegend nicht erst seit gestern, und der Sheriff hat die Lady aus gutem Grund abblitzen lassen. Andererseits ist das Böse irgendwie einseitig und scheint nur eine Richtung zu kennen. Les dagegen, der alte Mann, der sich zusammen mit dem etwas tumben aber furchtlosen Nate the Great, wie man ihn nennt, auf das Abenteuer eingelassen hat, ist ziemlich gerissen und kennt einige Tricks: auch er ein Mann von Erfahrung eben.

Dem Autor gelingt es, die ganze haarsträubende Geschichte völlig plausibel zu machen. Denn dass Lillian darauf besteht, nicht sie habe vor dem Bösen zu kuschen, sondern das Böse selbst müsse aufhören, nötigt den alten Männern Respekt ab. Deswegen hilft man ihr. Man zieht es durch bis zum Ende, wie es heißt. Wie im Wilden Westen. Spannend, lustig, verblüffend, beruhigend und trotz des unschönen Endes oder gerade deswegen: tief befriedigend.

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